Styx: Shards of Darkness im Test - Schleichspiel alter Schule

2022-10-26 10:08:22 By : Ms. DAVID HUANG

Styx: Shards of Darkness im Test: Klein, grün und gemein - Goblin Styx begibt sich in sein zweites Schleich-Abenteuer und hat neben fiesen Feinden auch mit technischen und spielerischen Mängeln zu kämpfen. Aber reichen diese, um das Spiel zum Flop werden zu lassen oder kann es sich durch gute Gameplay-Ideen retten? Die Antwort auf diese Frage gibt's in unserer Review.

Das Schleichspiel-Genre erlebte Anfang des Jahrtausends einen kleinen Hype, nicht zuletzt dank der damals neuen und von Kritikern und Spielern hochgelobten Splinter Cell-Reihe. Und auch heute noch setzen viele Abenteuer auf unbemerktes Vorgehen, meist allerdings nur noch als eine Alternative von mehreren und nicht selten in einem mit Rollenspiel-Elementen versehenen Spielprinzip.

Minutenlanges Im-Schatten-Warten, der kluge Einsatz unserer Gimmicks und lineare Levels mit vorgegebenen Gegner-Routen - also Stealth ganz klassischer Art - hingegen ist heute nicht mehr wirklich in Mode; siehe auch Splinter Cell, welches sich ebenfalls weit von dem wegbewegt hat, was es einst ausmachte. Styx: Shards of Darkness macht es sich offensichtlich zur Aufgabe, diesem ehemals großen Spielprinzip wieder zu altem Glanz zu verhelfen - und zwar bereits in der zweiten Auskopplung nach dem guten, aber von etlichen nervigen Mängeln geplagten Styx: Master of Shadows. Dabei schlägt es sich prinzipiell gar nicht schlecht und bügelt einige der Kritikpunkte des Erstlings aus, aber bei Weitem nicht konsequent genug, um es in die erste Schleich-Liga aufsteigen zu lassen - dazu weist es nach wie vor viel zu viele Mängel auf.

Grünling Styx versucht sich daran, das Stealth- Genre alter Schule wieder salonfähig zu machen. Quelle: PC Games Was den Titel auszeichnet und von vielen spielerisch ähnlich gearteten Abenteuern unterscheidet, ist auf jeden Fall das Setting. Statt in realistisch gestalteten Umgebungen unterwegs zu sein und in die Haut eines Spions oder Soldaten zu schlüpfen, verschlägt es uns in eine Fantasy-Welt, außerdem handelt es sich bei unserem Protagonisten um einen meist mies gelaunten Goblin mit Faible für fiese Aktionen und Hang zum Klauen. So verdient er sein Brot denn auch als Profi-Dieb und zieht durch insgesamt neun Levels, in denen er sein Talent auf die Probe stellen kann. Was als simple Gauner-Geschichte beginnt, wächst sich jedoch schnell zu einer deutlich komplexeren Handlung aus; dummerweise geht diese Komplexität aber nicht mit Spannung oder Tiefgang einher. Angesichts mauer und willkürlicher Entwicklungen und - abseits des Helden - blass gezeichneter Figuren fällt es schwer, hier mitzufiebern.

Die Levelgestaltung ist das große Highlight des Spiels und überzeugt durch viele Gameplay-Möglichkeiten. Quelle: PC Games Hinzu kommen die zu langen und ebenso nichtssagenden Dialogsequenzen sowie der wenig berauschende Humor. Dieser setzt einerseits auf teilweise ganz unterhaltsame, grundsätzlich aber viel zu gewollt anzügliche Witze, andererseits auf völlig unpassende Pop-Culture-Referenzen. Wir wissen nicht, warum so viele Fantasy-Spiele meinen, mit zum Augenrollen verleitenden Anspielungen auf Toy Story, Der Herr der Ringe und Co. aufwarten zu müssen, entschuldigen wollen wir diese lahme Unterhaltungs-Chose aber definitiv nicht.

Die langweilige Geschichte wird in ziemlich nett gemachten CGI-Filmsequenzen vorangetrieben. Quelle: PC Games Am meisten Kompetenz beweisen die französischen Entwickler Cya­nide Studio bei der Levelgestaltung. Die linearen, aber recht großen Abschnitte, von denen es pro Level drei bis vier gibt, erlauben massig verschiedene Heran­gehensweisen und warten mit etlichen optionalen Zielen auf. Meist gilt es, eine Zielperson zu erreichen oder einen Gegenstand zu klauen - wie wir das tun, steht uns jedoch völlig frei. Schleichen wir zwischen den Wächtern hindurch? Suchen wir uns unseren Weg über die Dächer? Klettern wir an Fassaden entlang? Oder suchen wir uns einen Weg durch den Untergrund? Immer gibt es mannigfaltige Möglichkeiten und dank der präzisen Steuerung hat man auch fast immer die volle Kontrolle. Da die missratene Steuerung über unseren Helden einer der markantesten Kritikpunkte im Vorgänger war, ist das ein doppelt positiver Umstand!

So geschickt wie die Helden aus Assassin's Creed kraxelt Styx nicht durch die Levels, verfügt aber auch über einige akrobatische Fähigkeiten. Quelle: PC Games Auch situationsspezifische Vorgehensweisen sind ab und an möglich. Wer einem betrogenen Ehemann den Liebesbrief seiner Gattin an ein Assassinations-Ziel auf den Tisch legt, spart sich die Mühe, den Gesuchten persönlich abzumurksen. Zudem erhalten wir oftmals die Möglichkeit, Trinkgefäße oder Essen zu vergiften und dadurch Soldaten auf ihrem Pfad ins virtuelle Nirwana zu schicken, wenn wir sie nicht per Stealth-Kill von hinten ausschalten wollen. Allerdings, wer die beste Bewertung in den Levels erhalten will, muss lautlos vorgehen und gleichzeitig keine Leichen auf seinem Weg zurücklassen - schade, dass einem bei dieser Spielart im Endeffekt viele spielerische Möglichkeiten geraubt werden.

Auf Wunsch aktivieren wir eine spezielle Ansicht, in der Gegner und Gegenstände farblich hervorgehoben werden. Quelle: PC Games Nicht versuchen sollte man sich an einem offensiven Vorgehen. Unser Anti-Held kann nicht direkt angreifen, sondern nur durch geschicktes Timing parieren - auf den zwei höchsten Schwierigkeitsgraden fällt sogar diese Fähigkeit weg - und geht schon nach sehr wenigen Schlägen zu Boden. Durch gesammelte Fähigkeitenpunkte, die man in simplen Skill Trees investieren kann, und Items wie Lebensenergieelexier oder eine Goldharz-Tinktur, die spezielle Fertigkeiten wie kurzzeitige Unsichtbarkeit an die Hand gibt, kann man sich zwar einen Vorteil verschaffen, zum meuchelnden Superhelden wird Styx aber dennoch nie. Apropos Items: Um diese anzufertigen, benötigen wir Materialien, die wir überall in den Levels finden. Leider ist das Crafting-System so belanglos und funktioniert so rudimentär, dass man es gleich hätte sein lassen können; einfach die entsprechenden Items direkt in den Welten zu verteilen, hätte mehr Sinn ergeben.

Uns erwarten nicht nur humanoide Gegner, sondern zum Beispiel auch diese blinden Käfer mit hervorragendem Gehör. Quelle: PC Games Vor allem aber versagt Styx: Shards of Darkness in einem anderen Bereich völlig: Die künstliche Intelligenz unserer Widersacher ist völlig misslungen. Es ist möglich, gänzlich unbemerkt direkt an den meisten Gegnern vorbeizuschleichen, ohne dass sie das Geringste davon mitbekommen. Sobald man herausgefunden hat hat, wie unbeschreiblich dämlich die Feinde sind, werden eigentlich spannende Schleich-Situationen im negativen Sinne zum Kinderspiel. Schlechte Gegner-Intelligenz ist ja schon in normalen Action-Adventures ein Makel, in einem Schleichspiel, in dem sich alles darum dreht, das virtuelle Gegenüber auszutricksen, ist sie aber unverzeihbar - vor allem, wenn sie dermaßen in den Sand gesetzt wurde wie hier. Anscheinend dieses Umstandes bewusst, versuchen die Entwickler, ihn gerade in den späteren Levels durch viel zu viele und willkürlich platzierte Feinde auszugleichen. Dass man, so man sich nicht völlig dämlich anstellt, trotzdem problemlos an ihnen vorbeikommt, spricht für sich.

Helledryn, Mitglied der Spezialeinheit der Schlächter, arbeitet im Spielverlauf mit Styx zusammen. Quelle: PC Games Hinzu kommt ein nett gemeinter, aber mehr schlecht als recht umgesetzter Koop-Modus. Jederzeit kann ein zweiter Spieler in unsere Session einsteigen und tatsächlich macht es Laune, gemeinsam durch die Welten zu schleichen. Allerdings wird dann, auch auf dem normalen Schwierigkeitsgrad, die Möglichkeit, Quicksaves zu setzen genauso wie unsere Fähigkeit, uns mit Paraden gegen Feinde zu wehren, deaktiviert. Da man dadurch zahlreiche Abschnitte immer und immer wieder spielen muss, sobald man einen Fehler macht, verliert man schnell die Lust am Koop-Geplänkel. Hinzu kommen regelmäßige Bugs und eine grundsätzlich unsaubere Technik, welche die veraltete, künstlerisch aber ganz ansehnliche Grafik abwerten. Zweimal mussten wir sogar Spielstände neu laden, weil für den Fortschritt notwendige Ereignisse in den Missionen nicht getriggert wurden.

Was übrig bleibt, ist ein spielerisch durchaus ansprechender Schleichspaß mit toll gebauten Levels und vielen Gameplay-Möglichkeiten, dessen Qualitäten man aber unter einer großen Menge an Mängeln unterschiedlichster Art erst einmal finden muss. Sollte Goblin Styx ein weiteres Mal zurückkehren, hoffen wir, dass er sich nur mit aufmerk­samen Wachen, nicht aber mit nervigen Designfehlern herumschlagen muss.